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Diatonisches Akkordeon und Anglo Concertina im Vergleich

Concertinas sind einstimmig, Akkordeons mehrstimmig. Dadurch sind sie schwerer, lauter und haben den typischen Akkordeon-Sound (je nachdem, wie die Stimmen aufeinander abgestimmt sind).

Akkordeons haben auf der linken Seite Bässe und Begleitakkorde, man kann sich also einfach links begleiten, während man rechts Melodie spielt. Die Auswahl an Begleitakkorden ist allerdings eingeschränkt und die Gefahr, dass man Stücke mit Humppa-Begleitung kaputt macht, ist durchaus real.

Man kann auf der Concertina links (partielle) Akkorde und rechts die Melodie spielen, das erfordert jedoch viel Einarbeitung. Zudem fällt die Melodie dann in sehr hohe Tonlagen.

Tastenbelegung

Diatonisches Akkordeon

Auf dem diatonischen Akkordeon sind die Tasten rechts regelmäßig vergeben. In der C-Reihe auf Druck C, E, G, auf Zug C, F, A und H. Leider sind das sieben Töne pro Oktave, das heißt: In der mittleren Oktave liegt der auf der Tonleiter nächste Ton auf Zug auf der selben Taste, auf der er auch bei Druck liegt. In hohen und tiefen Tonlagen läuft das jedoch auseinander.

Tonarten der äußeren und zweiten Reihe liegen typischerweise eine Quart auseinander. Wenn man bereit ist, die Reihen zu kreuzen, hat man die meisten Töne auf Zug und auf Druck. Das erspart einige Richtungswechsel des Balges und ermöglicht interessante Kombinationen von Tönen.

Die dritte Reihe (falls vorhanden) hat meistens Sondertöne, gelegentlich aber auch eine dritte Tonart, die ebenfalls eine Quart entfernt liegt. Aus meiner Sicht sind Sondertöne sinnvoller.

Es gibt überraschend viele Tastenbelegungen, die immer noch in Gebrauch sind. Eine Übersicht finden Sie bei melodeon.net.

Besonders in der irischen Musik sind Akkordeons üblich, bei denen die Reihen nur einen Halbton entfernt sind, oft sind die Tonarten H und C oder C und Cis kombiniert. Großer Vorteil: Der einen Halbton tiefere Ton liegt in der Außenreihe auf der selben Taste und der selben Zugrichtung. Großer Nachteil: Eine der beiden Tonarten ist völlig exotisch, zudem passen die Bässe nur zu einer der beiden Tonarten.

Anglo-Concertina

Die Tastenbelegung der Anglo-Concertina ist weniger regulär, dadurch liegen aufeinanderfolgende Töne in einem größeren Bereich nahe beisammen. Gary Coover vergleicht das Anglo-Keyboard mit einer Schreibmaschine. Bei der anglo liegen die Tonarten der ersten und zweiten Reihe eine Quart auseinander, die dritte Reihe hält Sondertöne und Ausgleichstöne, so dass (bei GC-Belegung) G und A sowohl auf Druck als auch auf Zug gespielt werden können. Die Sondertöne liegen scheinbar irregulär, ermöglichen aber einige Akkorde, die bei einem logischeren Layout nicht möglich wären. Auch für die Anglo gibt es mehrere Layouts, die Auswahl ist aber weit überschaubarer. Im Grunde ist es das Wheatstone-Layout für 30 Knöpfe und das Jeffries-Layout für Anglos mit mehr Tasten.

Die Handposition ist bei der Anglo weitgehend fixiert. Wie bei der Schreibmaschine auch ist der kleine Finger besonders gefordert, um Tasten am Rand zu erreichen. Mehrstimmiges Spiel kann dadurch zu gesundheitlichen Problemen führen.

Luft-Knopf

Beide Instrumente haben einen Luftknopf. Beim diatonischen Akkordeon wird er mit dem Daumen oder Daumenballen der linken Hand bedient, bei der Anglo mit dem Daumen der rechten Hand. Beim diatonischen Akkordeon kann der Luftknopf während des Spielens betätigt werden, ohne dass sich die Lautstärke nennenswert ändert; das ist besonders hilfreich, wenn die Balgrichtung nur kurz geändert werden kann. Bei der Concertina ist das nicht möglich, sie arbeitet mit wesentlich höherem Druck.

Instrumentenangebot

Echte Concertinas gibt es als handwerklich gefertigte Einzelstücke oder als historische Instrumente, beides hochpreisig. Hybrid-Concertinas (mit Akkordeon-Stimmzungen) sind besser verfügbar. Es gibt billige chinesische Produkte, Firmen wie Concertina Connection bieten aber auch hochwertige Geräte an. 

Diatonische Akkordeons sind in großer Auswahl verfügbar, vom Billigprodukt bis zum Manufaktur-Modell. Der Gebrauchtmarkt in Deutschland führt vor allem günstige Club-Modelle, deren Tastenbelegung heutzutage exotisch ist.

Unterricht und Literatur

Wer sich ein Instrument nicht komplett selbst beibringen möchte, ist auf Unterricht, Literatur oder Lehrvideos angewiesen. Das spricht sehr dafür, mit einem verbreiteten Instrument einzusteigen. Natürlich gibt es seit YouTube und Online-Videokonferenzsoftware auch wirklich brauchbare Möglichkeiten für Fernunterricht, manchmal ist direkter Kontakt dennoch nützlich. Falls eine Lehrkraft vorhanden ist, sprechen Sie den Instrumentenkauf mit dieser ab.

Beim Lernen stellt sich auch die Frage nach Vorkenntnissen: Ist es das erste Instrument? Für eine geübte Musikerin reicht vielleicht eine Tastenbelegungstabelle und ein halbtägiger Workshop, um die Tricks und Kniffe kennen zu lernen.

Lernhefte für Irisches Akkordeon (B/C)

David C. Hanrahan: The Box ist als Lehrbuch gedacht. Die C- und D-Tonleiter auf dem B/C-Akkordeon werden kurz vorgestellt, es gibt einige Stücke, zu Anfang mit Tabulatur, später ohne. Immer wieder gibt es die dringende Empfehlung, einschlägige Künstler anzuhören, um zu lernen. Der Untertitel (A Beginner's Guide) bezieht sich nicht auf Musik-Einsteiger. Spielt man nicht bereits ein Instrument, wird man es mit diesem Buch nicht lernen. Allerdings gibt es auch hilfreiches Material: Die in der irischen Musik üblichen Verzierungen (Roll usw.) werden erklärt und die Notenbeispiele um verschiedene Verzierungen ergänzt.

Lernhefte für G/C-Akkordeon

Yann Dour: Diatonisches Akkordeon, Band 1 hat ein klares didaktisches Konzept, mit dem das zweireihige Akkordeon von Anfang an erarbeitet wird. Rechts die Melodie, links Humppa-Begleitung. Die Übungen bauen aufeinander auf, auch die verschiedenen Taktarten werden gründlich eingeführt. Die Übungsstücke sind zum großen Teil speziell für dieses Buch verfasst. Alle Beispiele mit Tabulatur und auf beigelegter CD. Auch für Musikanfänger sehr empfehlenswert. Wer damit zurecht kommt, dass die Tabulatur nur teilweise (innere Reihe) auf sein Instrument passt, kann mit diesem Buch auch B/C-Akkordeon lernen.

Yann Dour: Diatonisches Akkordeon, Band 2 bietet weitere Stücke in unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, hier werden zusätzliche Tonarten und modale Musik vorgestellt. Es gibt noch einen Band 3, allerdings in schlechterer Druckqualität. Yann Dour hat darüber hinaus Notenhefte zu unterschiedlichen Themen (z.B. Bal Folk, Bretonische Tänze) veröffentlicht. Auch dort verwendet er seine bewährte Tabulatur.

Lernhefte für Concertina

Gary Coover: Easy Anglo 1-2-3 bietet einen fundierten Einstieg, angefangen vom Spiel auf einer Reihe bis zu mehrstimmigem Spiel auf drei Reihen. Sie sollten bereits in der Lage sein, einen Rhythmus zu halten.

Gary Coover: Anglo Concertina in the Harmonic Style erklärt das Spielen von Akkorden und enthält viele Übungsstücke, von einfach bis komplex. Die Musikauswahl könnte nach meinem Geschmack weniger historisch sein. Sehr empfehlenswert, wenn Sie Ihre Kenntnisse auf mehrstimmiges Spiel erweitern möchten. Gary Coover hat von den meisten Stücken YouTube-Videos angefertigt. Weitere Bücher von Gary Coover, die sich einzelnen Concertina-Spielern widmen, enthalten komplexe Arrangements. Die Seemanns- und Piratenbücher bieten zum Teil einstimmige Stücke, zum Teil Humppa-Begleitung.

Roger Watson: Handbook for Anglo-Chromatic Concertina ist eine knappe Einführung. Neben einstimmigen Stücken wird auch einfaches mehrstimmiges Spiel (Humppa-Begleitung) vorgestellt. Für erfahrene Musiker ist das Buch brauchbar, für Anfänger zu knapp.

Mick Bramich: In-Between Anglo ist ein Ärgernis. 80er Jahre Homecomputer-Notensatz, ein nicht durchgezogenes pädagogisches Konzept, nur einstimmiges Spiel.